Ich blinzele zweimal, als ich die Altstadt von Shangri-La betrete. Nein, ich träume nicht – das hier ist wirklich echt. Überall sehe ich „Tibeter“. Oder besser gesagt: junge Menschen in makellosen traditionellen Outfits, bereit für ihren nächsten Insta-Moment. Sie sehen aus, als wären sie direkt einem Magazin entsprungen – wunderschön, fröhlich, und mit nur einer Mission: die perfekte Pose.
Für jemanden wie mich, der die sozialen Medien eher meidet, tat sich eine völlig neue Welt auf. Ich wusste nicht, ob ich lachen, staunen oder einfach mitmachen sollte. Letztlich tat ich das Erste... und ein bisschen vom Zweiten. Typisch chinesisch, dachte ich. Alles für das Foto.
Am nächsten Morgen beschloss ich, zu Fuß zum Sumtseling-Kloster zu gehen. Schon von weitem sah ich das stattliche Kloster – und davor, genau, wieder eine ganze Crew von „Models“ und Fotografen, als würde gerade eine Modenschau stattfinden.
Was für eine Erleichterung, dass man drinnen keine Fotos machen darf. Endlich keine Kameras, keine Posen – nur Stille. Es war Jahre her, dass ich ein tibetisches Kloster von innen gesehen hatte, und ich hatte fast vergessen, wie beeindruckend es ist. Die Pracht, der Duft von Weihrauch, das leise Murmeln der Mönche... es hat mich tief berührt.
Aber kaum hatte ich die Schwelle überschritten und stand wieder draußen, zack – da war sie wieder: die moderne Welt. Komplett mit Filtern, Selfies und TikTok-Tänzen vor den Tempeltoren. Ich fühlte mich wie eine Zeitreisende mit Jetlag – von stiller Spiritualität zu sozialem Medienwahnsinn in einem einzigen Schritt.